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07 December 2023

MIXING UND MASTERING FÜR DOLBY ATMOS

Seit der großen Mono-Zu-Stereo-Revolution in den späten 1950er Jahren hat sich das Bearbeiten von Audio in Tonstudios auf das kanalbasierte Stereo-Format verlassen. Den in der Musikproduktion verhältnismäßig kleinen Exkurs in die ebenfalls kanalbasierten Surround-Formate erwähne ich hier nur am Rand. Doch mit dem Aufkommen von Dolby Atmos erfordert das Mixing ein Umdenken, bietet völlig neue Möglichkeiten und einen gut sortierten Workflow, der traditionelle Arbeitsweisen bricht.

 

Kanal- vs Objektbasiertes Mixen

 

Ein entscheidender Schritt in diesem Paradigmenwechsel ist das objektbasierte Mixen, das die Integration von bis zu 128 Kanälen ermöglicht. Aber gehen wir nochmal einen Schritt zurück: Was heißt hier überhaupt kanalbasiert und objektbasiert?

 

Beim kanalbasierten Mixen von Formaten wie 2.0, 5.1, 7.1 usw. werden die Signale einem jeweiligen Lautsprecher Kanal zugemischt. Wenn in Stereo etwas im Panorama links sitzt, wird es nur im linken Lautsprecher abgespielt. Sitzt der Klang in der Mitte, bekommen beide Lautsprecher das Signal. Fehlen Lautsprecher, z.B. wenn du versuchst, eine 5.1 Mischung über dein Stereo Setup abzuspielen, so fallen vier Kanäle weg (Center, Left Surround, Right Surround & LFE) und damit auch alle Informationen die dort liegen.

 

Beim objektbasierten Mixen in Dolby Atmos gibt es diesen Nachteil nicht. Hier wird dein Klang in einem dreidimensionalen Raum in einer Matrix platziert und über die jeweils betroffenen Lautsprecher abgespielt. Die Ortung der Quelle erfolgt hier über Interpolation - also über Phantomschallquellen und ermöglicht so eine völlig freie, Lautsprecher unabhängige Positionierung. Beim Abspielen wird der Mix durch den Codec an dein Abhörsystem angepasst und entsprechend herunter gefaltet. Das heißt, dass dein Mix auf einem 11.1.6 Setup genau so alle Teile beinhaltet wie auf einem 2.0 Setup, nur dann in einem deutlich schmaleren akustischen Fenster.

 

Beds & Objects

 

Innerhalb des Dolby Atmos Systems unterscheidet man das so genannte "Bed" von "Objects". In der initialen Konfiguration fallen von den 128 möglichen Objekten die ersten 10 auf das “Bed” - ein fixes 7.1.2 Setup welches kanalbasiert zugeordnet wird. Nach Bedarf können auch weitere Beds hinzugefügt werden. Die verbleibenden 118 Kanäle sind frei konfigurierbar als monophone objektbasierte Signale.

 

 

Diese müssen nicht mehr bei jedem Projekt manuell geroutet werden, sondern werden einmal eingerichtet und für kommende Projekte abgespeichert. Im Dolby Atmos Renderer kannst du für jedes einzelne Objekt bestimmte Meta Informationen hinterlegen: Name und räumliche Position für das Abspielen in binauraler Wiedergabe, also unter Kopfhörern.

 

Binaural Render Mode

 

Diese Werte (einstellbar zwischen Off, Near, Mid & Far) beschreiben wie nah wir den Klang an unserem Ohr wahrnehmen und wie tief er sich später im virtuellen Raum um unser Ohr befindet. Das ist eine extrem wichtige Einstellung, da wir auf sehr lange Zeit noch durch unsere Alltagsgewohnheiten bedingt Musik hauptsächlich on the go im Auto oder über Kopfhörer konsumieren werden. Nur ein kleiner Anteil der Hörer kann Musik über Surround oder Atmos Systeme genießen. Allerdings ist der Automotive Bereich nicht zu unterschätzen, da es gerade hier seit 2023 einen extremen Push gibt, der in den kommenden Jahren auch jenseits des High Class Sektors für den normalen Endverbraucher interessant wird.

 

 

Wenn du dir doch einen passende Abhörsituation einrichten möchtest und du das dafür notwendige Kleingeld aufbringen willst, ist die Mindestgröße laut Dolby ein 7.1.4 Setup mit 12 Lautsprechern (7 auf Ohrhöhe, 1 LFE, 4 Deckenlautsprecher). Aus meiner Sicht jedoch würde ein 5.1.2 Setup sicherlich auch gut performen. Hast du nicht den Raum oder die Mittel, um gleich ins Volle zu gehen, tut das dem Ganzen keinen Abbruch. Der Renderer kann auf der Output Seite auch für kleinere Systeme oder Kopfhörer angepasst werden, was das Arbeiten im Home-Studio unter Kopfhörern ermöglicht.

 

 

Für das Mixing in Atmos sind eine DAW mit Objekt-Unterstützung und bei einigen noch zusätzlich der Dolby Atmos Renderer erforderlich. Der Renderer verwandelt Einzelsignale mithilfe von Metadaten in ein hörbares Erlebnis und ermöglicht das Abhören der Mischung auf verschiedenen Zielformaten. Check bitte, bevor du startest, ob deine DAW den Renderer bereits inklusive hat und spare dir ggf. die zusätzliche Ausgabe.

 

Bleiben wir noch kurz technisch: Dolby Atmos arbeitet nicht mit den üblichen 44.1 kHz, sondern bevorzugt 48, 96 oder 192 kHz. Die Masters werden als Dolby Atmos Master File (DAMF) ausgegeben, das Audiodaten, Objekt-Koordinaten und Projektinformationen enthält. Für die Distribution wird das vereinfachte Format ADM BWF verwendet, das alle Informationen in einer WAV-Datei vereint. Dolby Atmos ermöglicht das Ausgeben in verschiedenen Tonformaten aus derselben Mischung, ohne erneutes Rendern. So kannst du aus dem gleichen Mix ein Atmos File, ein 2.0, 5.1 oder binaurales Re-Render ziehen und musst nicht für jede Mischung eine neue Session anlegen.

 

Mixing und Mastering für Dolby Atmos

 

Der Mixing und Mastering Prozess für Dolby Atmos ist anspruchsvoll. Die Lautheitskontrolle ist im Dolby Atmos Renderer integriert und erlaubt die Einhaltung von Lautheitsvorgaben beim Export. Klassische Handgriffe wie Summenkompression gestaltet sich komplex, da es keine einzelne Summe gibt. Sidechain-Routings sind hier das Mittel der Wahl, erfordern aber eine deutlich umfangreichere Arbeit. In einem am 15.01.2024 erscheinenden Video auf meinem YouTube Kanal gebe ich dir einen Deep Dive in die wichtigen Handgriffe, zeige dir wie du deine Session sinnvoll anlegst und viele kleine Tricks und Workarounds, damit deine erste Atmos Session zum erfolgreichen Start wird.

 

 

Dolby Atmos bietet ein extrem großes Potential, Musik neu zu erleben und dir als Kreativem eine riesige Spielwiese für deine Klangwelten. Viel Spaß beim Eintauchen!

 

- Johannes

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