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14 February 2023

AUTOMATION

Die Erhaltung der Dynamik eines Mix steht immer auf Kriegsfuß mit den dynamischen Einschränkungen im Mastering Prozess. Kompression und Limiting greifen genau da an, wo im Mix Luft gelassen wird und Transienten liegen. Was tun? Zuerst muss ich klar sagen: Wir können Transienten nicht endlos erhalten. Was im Limiter landet, wird gefressen. Wir können die Transienten auch ins Clipping laufen lassen, solange es gut klingt, aber auch hier werden sie abgeschnitten. Allerdings können wir vorher durch unsere Bearbeitung dafür sorgen, dass nicht alles tot komprimiert wird und wir uns durch ein paar einfache Tricks Dynamik zurückholen, trotz Kompression. Schauen wir zur Auffrischung nochmal auf das Verhältnis von Kompressor und Dynamik.

 

Der Kompressor schränkt das Audio-Signal ab einem bestimmten Schwellwert (Threshold) um ein bestimmtes Verhältnis (Ratio) ein. Attack und Release lassen wir für dieses Beispiel außer Acht. Wir setzen die Ratio in unserem Kompressor auf 1:2 und den Threshold auf -20 dBFS. Wenn nun unser Audio-Signal den Threshold um 10 dB überschreitet (peak also bei -10 dBFS), wird es um die Hälfte über dem Threshold komprimiert. Das Ergebnis ist ein Signal mit einem Peak bei -15dBFS. Was heißt das für unsere Dynamik?

 

Kompressor

 

Dynamik ist der Abstand vom leisesten Ton zum lautesten. Nehmen wir an, unser Audio-Signal hatte vor dem Kompressor eine Dynamik von 20 dB. Nach der Bearbeitung mit den Kompressor-Einstellungen aus dem Beispiel oben verlieren wir 5 dB und landen bei 15 dB Rest-Dynamik. Das Ergebnis ist zwar eine Verdichtung im Klang - wir gewinnen Druck - aber gleichzeitig verlieren wir auch Transienten (Spitzen) und Bewegung und dadurch an Punch. Die Hook knallt nicht mehr so rein wie vorher, die Parts können sich nicht mehr so gut voneinander absetzen, der Song wirkt weniger fesselnd. Wie können wir dem im Mastering Prozess entgegenwirken? Einer der Ansätze ist die Terrassendynamik.

 

Bei Terrassendynamik denkt man zuerst an die Lautstärke. Aber beim Mixen und Mastern haben wir noch mehr Möglichkeiten. Mein erster Handgriff ist, das hast du richtig vermutet, eine Volume Automation auf meiner Master Spur. Damit diese aber richtig arbeiten kann, braucht es davor eine sinnvolle Bus-Struktur. Im Mastering Prozess läuft mein Signal nicht direkt zum Ausgang, sondern vorher über einen “Pre-Master-Bus”, auf dem meine komplette Kompression und ein erstes Limiting stattfinden. Ich hole mir so die Dichte und den Druck, die ich für die Musik brauche. Auf diese Bus Spur lege ich dann meine Volume Automation. So fährt das komplette Paket nach oben und unten und ich ermogel mir die notwendigen 0,4 oder 0,8 dB “Hub”, die ich brauche, damit z.B. die Hook wieder richtig schiebt. Achtung: Die Volume Automation immer nur nach unten schieben, sonst fährst du direkt ins Clipping. Als Ansatz kannst du deine Werte ungefähr so setzen: 0 dB für die Hook, -0.8 dB für den Verse, -1.2dB für z.B. die erste Hälfte der Bridge und dann -0,6 dB zur zweiten Hälfte.

 

Pre-Master-Bus Automation

 

Meist geht für mich mit der Volume Automation auf dem Pre-Master-Bus die für mich zweite gute Variante der Master Automation einher - die Stereobreiten Automation. Diese findet auf dem Track selbst statt. Ich nehme dafür gern ein Stereo-Tool, das ich frequenzspezifisch einstellen kann, wie z.B. den iZotope Ozone Imager, und suche für die Seiten nur den Frequenzbereich heraus, der diese am besten nach vorn bringt. Ich möchte vermeiden, mir alle Frequenzen in den Seiten zu boosten, weil diese später wieder im Limiter landen und so den kostbaren Headroom wegnehmen können.

 

iZotope Ozone Imager

 

Der dritte Ansatz, den ich dir zeigen möchte, ist die EQ Automation. Hier kannst du vieles machen. Wenn du z.B. ein Gitarrensolo boosten möchtest, weil es noch nicht richtig durch den Mix schneidet, kannst du in den Mittenfrequenzen einfach ein paar dB hinzugeben und nach dem Solo wieder herausziehen. Damit du den richtigen Frequenzbereich triffst, nimm dir ein schmales EQ Band und sweepe durch deinen Mix, bis du das Element, welches du nach vorne bringen möchtest, gefunden hast.

 

Wenn du wie oben dargestellt auf deiner Hook mit Stereobreiten und Volume Automation arbeitest, kann es sein, dass die in der Mitte liegenden Elemente darunter leiden. Die gesamte Mitte lauter zu machen, würde nur die Stereo Verbreitung zunichtemachen. Eine Möglichkeit, dies zu kompensieren, wäre z.B. eine EQ Automation im Bereich um 1 bis 3 kHz, um die Main Vocals nochmal nach vorn zu holen.

 

Das sind natürlich nur einige der Ansätze, wie du automatisieren kannst. Ziel sollte es immer sein, dir trotz der dynamischen Einschränkungen, die du machen musst, so viel wie möglich von der vermeintlichen Dynamik wieder zurück zu schummeln. Einzelelemente kannst du so wieder präsenter und den gesamten Mix wieder interessanter machen. Die Summe dieser kleinen Handgriffe kann schon den Unterschied machen zwischen “ja, der Track ist ganz ok” und “wow, der hat mich richtig abgeholt”. Probier es doch einfach bei deiner nächsten Produktion aus!

 

- Johannes

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