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21 July 2022

MIXING UNDER HEADPHONES

Ein großer Regieraum mit einem hochwertigen System, feinster Analogtechnik und optimierter Akustik - davon träumen die meisten. Die Realität scheitert meist am Budget, den Räumlichkeiten oder lässt sich nicht mit dem eigenen Lebensstil vereinbaren. Ob on the road, daheim oder als Option zu deiner regulären Abhöre - Kopfhörer sind eine gute Alternative oder Ergänzung, wenn es um Mixing oder Producing geht. Worin die Stärken und Schwächen am Mischen unter Kopfhörern liegen, zeige ich dir im Folgenden.

 

Detailtiefe und Umgebungsgeräusche

 

Wenn man es mal physikalisch betrachtet, bieten Kopfhöhrer einen entscheidenden Vorteil, den du mit einer konventionellen Abhöre nicht in dem Maße realisieren kannst - die Nähe zu deinen Ohren.

 

Durch die direkte Nähe vom Treiber zur Ohrmuschel kannst du den Details deiner Aufnahme oder deines Mixes mehr Aufmerksamkeit schenken, quasi in sie hinein hören. Vor allem mit hoch auflösenden Kopfhörern kannst du leise Klicks, Pops oder unerwünschte Nebengeräusche genauer orten und diese so gezielter bearbeiten. Ohr umschließende Kopfhörer ermöglichen dir, deine Umgebung und damit unerwünschte Reflektionen auszublenden, die sonst deinen Klangwahrnehmung beeinflussen würden.

 

Das Problem mit Monomitte und Phase

 

Die Nähe zum Ohr bringt aber auch einen Nachteil mit sich. Du kannst den linken Lautsprecher nicht im rechten Ohr und den rechten Lautsprecher nicht im linken Ohr hören. Es fehlen die Schall Laufwege über den Raum und damit auch ein Teil der Informationen für die Tiefenortung und den Klang. Zudem gibt es mit Kopfhörern Probleme bei Beurteilung der Monomitte. Während sich diese bei Lautsprechern physisch vor dem Kopf befindet, befindet sie sich bei Kopfhörern zwischen den Ohren. Darüber hinaus verändern sich beim Hören über Kopfhörer Modulations-Effekte, da die Phasenauslöschungen nicht mehr auf beide Ohren einwirken. Dadurch lässt sich die Wirkung von Effekten, die sich auf das Stereo Verhalten auswirken, schwieriger einschätzen.

 

Crossfeed und Speaker Simulation

 

Für diese Probleme gibt es verschiedene Lösungen. Eine davon heißt Crossfeed (auch als “X-feed” bezeichnet). Dabei werden beide Seiten zu einem geringen Teil auch in die jeweils andere Seite geschickt, wodurch ein räumlicher Effekt erzeugt wird und die Schallquellen virtuell “vor” die Ohren kommten Diese Funktion findest du normalerweise in Monitor Controllern oder z.T. auch bei einigen Kopfhörern. Ein großer Vorteil vom Arbeiten mit Crossfeed ist, dass deine Ohren langsamer ermüden, da wir aus unserem Alltag an Schallquellen gewöhnt sind, die aus dem Raum kommen.

 

Wenn dir Crossfeed nicht ausreicht und du trotz Kopfhörer das Gefühl suchst, in einem Raum zu sitzen, dann sind Speaker Simulationen für dich ein valide Option. Damit lässt sich über deine Kopfhörer ein Raum simulieren. Über die vergangenen Jahre sind viele, immer detailliertere Produkte an den Markt gegangen. Eins davon ist das von Waves entwickelte NX Virtual Mix Room. Dort kannst du den Signalanteil des virtuellen Raums einstellen. Über Speaker Position kannst du die virtuellen Speaker entlang einer elliptischen Bahn und um den Hörer herum platzieren. Mit Head Tracking werden die Kopfbewegungen in den Raumklang mit einbezogen. Bedeutet, dass wenn du deinen Kopf nach links oder rechts drehst, es tatsächlich so klingt, als würdest du dich einem Monitor zuwenden.

 

Ein weiteres Feature, welches dir helfen kann, ist die Kopfhörer Korrektur. Selbst die Profi Studio Kopfhörer haben eine EQ Kurve, die nicht flat ist. Mit Tools wie SoundID Reference von Sonarworks kannst du dich zuverlässig mit einer Vielzahl an Kopfhörern an deinen Mix setzten und wirst immer ein nahezu identisches Klangbild darstellen können.

 

SoundID Reference

 

Wenn Performance für dich kein Problem ist, dann lohnt es sich, einen Blick auf Sienna Studio von Acustica Audio zu werfen. Wie auch bei NX Virtual Mix Room kannst du hier verschiedene Abhörsituationen simulieren, den Klang von einer Reihe an Kopfhörern korrigieren und aus einem großen Pool verschiedener virtueller Abhörmonitore und -räume wählen.

 

Einen abschließender Blick auf den Kopfhörer Markt

 

Es gibt einige gute Kopfhörer auf dem Markt, die sich fürs Mixen, Producen und sogar fürs  Mastern eignen. Ein wichtiges Detail, welches ich hier mit anmerken möchte, ist die offene Bauweise aller empfohlener Kopfhörer. Ohr umschließend, mit einem halb offenen Rücken gilt als die bestmögliche Konstruktionsweise für eine originalgetreue Klangwiedergabe.

 

Mit dem Sennheiser HD 600 kannst du kaum etwas falsch machen. Ein High-End-Kopfhörer, empfohlen von den Besten mit einem präzisen Frequenzgang und der üblichen top Qualität, die man von Sennheiser gewohnt ist. Mit knapp 400€ liegt er auch noch fern des Hifi-Bohei-Sektors.

 

Neben dem Sennheiser HD 600 kommt für mich der Ollo Audio S4X immer sehr weit oben auf der Liste. Preislich liegt dieser genauso wie der Sennheiser HD 600 bei 400€ und steht ihm klanglich in keiner Weise nach.

 

Um noch ein dritte Pärchen in den Ring zu werfen lohnt sich der Blick auf Audio-Technica ATH R70x. Mit einem flachen Frequenzgang bei einem breiten Frequenzspektrum steht dieser ebenbürtig zu den beiden anderen genannten. Mit 350€ liegt dieser noch etwas günstiger, und ebenso noch in einem bezahlbaren Bereich.

 

Schlusswort

 

Welcher Kopfhörer und welches Plugin dir am Ende am meisten zusagen, musst du selbst entscheiden. Wie auch bei Abhörmonitoren gilt, ausprobieren, gegenhören und evaluieren, was in deinem Setup am besten spielt. Am Ende entscheiden wie immer deine Ohren und dein Geschmack. Aber dafür gibt es mittlerweile eine breite Fülle an hochwertigen Angeboten und Lösungen, die jeden zufrieden stellen sollten.

 

- Johannes

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